Wachstücher als Ersatz für Frischhaltefolie erleben ja gerade einen Hype. Die Idee dahinter und das Material haben mich als Bienenliebhaber natürlich sofort angesprochen. Da schreckt mich auch der Hype nicht ab:-) Ich wollte schon länger gerne mal ausprobieren, ob die Wachstücher wirklich so eine tolle Alternative sind. Mein Brot verschimmelt leider zu oft, obwohl ich ein Holz/ Bambuskunststoff Brotkorb habe. Meine Gemüselagerung könnte ich auch besser gestalten. Für all das sollen Wachstücher eine Lösung anbieten. Na dann! Zunächst wollte ich welche kaufen, weil ich mal wieder keine Zeit hatte mich damit zu befassen.

In diesen Wachstuch versteckt sich ein Käse

Ich suchte und fand die Wachstücher bei meinem Biohändler, aber sie waren brutal teuer- sicher nicht unangemessen, aber so viel Geld wollte ich nicht zum Probieren ausgeben. Schön waren sie auch nicht. Die Absicht pausierte.

Zuletzt hatte ich aber ein Praktikum bei einem Demeter-Imker gemacht und dort wurden auch Wachstücher in Kleinproduktion hergestellt. So konnte ich gucken, wie man es macht, mit was für Kniffen gute Ergebnisse erzielt werden und habe gleich noch etwas feinstes Wachs dazu bekommen.

Stoff-& Wachsqualität:

Im Internet, wo der Hype seine Runden dreht, findet man überall Anleitungen, wie man sich selbst Wachstücher machen kann. Aber viele Anleitungen beleuchten dabei zwei ganz wesentliche Aspekte nicht: Die Stoff-& Wachsqualität!

Die Wachsstücher haben am Ende ja langanhaltenden direkten Kontakt zum Lebensmittel, das später in unserem Körper landet. Die Stoffe, die damit in Berührung kommen sollten besser lebensmittelecht und unbedenklich sein. Deshalb sollte man nicht irgendwelche Stoffreste nehmen, wie öfter geschrieben wird, außer man weiß, dass sie unbehandelt sind oder für Lebensmittel geeignet. (Das meint sowohl die Farben, mit dem der Stoff gefärbt wurde, als auch die Produktion selbst-> Pestizide/Insektizide). Das Gleiche gilt für schöne neue Stoffe, die einem der Algorithmus gleich andrehen will. Die Stoffe, die ich in der Demeter-Imkerei kennengelernt habe und dich ich auch hier benutze sind GOTS-zerifiziert. -> Global Organic Textile Standard

Um den Stoff zuzuschneiden macht sich ein Rollschneider mit entsprechender Unterlage sehr gut. Hier kann man auch schön auf Maß schneiden. Man kann sich aber auch Schablonen aus Pappe machen. Und mit einer Schere schneiden. Macht aber mehr Verschnitt.

Mit dem GOTS-Label wird Kunden versichert, dass das Produkt sozialverantwortlich und umweltfreundlich hergestellt wurde. Um dieses Ziel zu erreichen, definiert der GOTS ökologische und soziale Kriterien, an die sich die Unternehmen binden müssen. Die Nutzung von Fasern aus biologischem Anbau, Ausschluss von umweltschädlichen oder toxischen Substanzen und die Einführung eines Mindestlohns sind nur ein kleiner Auszug aus den verpflichtenden Kriterien des GOTS.

Beim Wachs ist es ganz ähnlich. Das Schlimmste, was ich gelesen habe war, man könne auch das Wachs von Echt-Wachs-Kerzen nehmen, mein reibe es durch eine Küchenreibe, fertig. Da haben sich mir wirklich die Fußnägel hoch gerollt. Warum sollte man das nicht tun?

Das Wachs, das in Kerzen benutzt wird, ist quasi das Abfallprodukt im Wachskreislauf. Es ist das Wachs, das für nichts anderes mehr benutzt werden kann, weil es angereichert ist mit Rückständen aus Bienenmedikamenten, der Landwirtschaft, oder sonstwas. Auch Seuchenwachs wird hier verarbeitet. Für die Kerzenherstellung wird Bienenwachs auch gerne gebleicht, damit es besser aussieht. Gebleicht wird Wachs neben Sonnen- und Dampfbleiche mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure, oder Natronsalpeter und Schwefelsäure oder durch beigemischtes Terpentinöl. Dieses Wachs darf nicht mehr in ein Bienenvolk eingebracht werden, erst recht nicht sollte man es also mit seinen Lebensmitteln zusammenbringen.

Wachs ist ein sehr teures und auch rares Gut. Warum ist das so? Bei der Produktion von 1 Kilo Bienenwachs, verbrauchen die Bienen Energiemengen, die der Produktion 6 Kilo Honig entsprechen.
Die meisten Imker, die von ihren Bienen leben wollen, entscheiden sich daher für die Honig- und gegen die Wachsproduktion. Einige Imker haben einen geschlossenen Wachskreislauf. Das heißt, sie produzieren das Wachs, dass sie brauchen um Mittelwände zu gießen selbst. Nichts geht in den Handel. Einige Imker verkaufen ihr Wachs, wenn es finanziell sinnvoller ist an Fachfirmen, die daraus Mittelwände gießen oder an die Kosmetikindustrie. Die Mittelwände gibt es dann in verschieden Qualitäten. Für Mittelwände aus 100% rückstandsfreien Bienenwachs von ökologisch bewirtschafteten Betrieben zahlte ich zuletzt 50 Euro pro Kilo, pestizidfreies Wachs aber nicht bio gibt es bei meinem Händler für 29 Euro, für konventionelles Wachs, rückstandsarm zahlt man da 19 Euro. Das beste Wachs, ganz frisches Wachs aus Entdeckelungswachs, oder unbedrütetem Wildbau geht in Kosmetikindustrie. Es gibt in Deutschland gar nicht genug Imker, um all das Wachs für die nachgefragte Mittelwandproduktion zu liefern. So kommt das Wachs für die rückstandsarmen Wände meines Anbieters unter Anderem aus Neuseeland, Tasmanien und Afrika.

Häufig habe ich bei Anleitungen im Netz auch Verlinkungen zu Wachspastillen auf der großen Handelsplattform mit A gesehen. Die Anpreisungen dort geben keinerlei relevante Auskunft. Wenn da steht “100% pures Bienenwachs ohne Zussatzstoffe” heißt es nur, dass das Wachs nicht gestreckt wurde. Gleiches gilt für “reines Bienenwachs” oder “reines Naturprodukt”. Das sagt nichts über die Wachsqualtität aus. “Höchste Qualtät” oder “Kosmetikqualität” hat auch keine Aussagekraft, wenn es nicht nachgewiesen wird- bei meinem Ökowachs gibt es die Rückstandsanalyse mit Chargennummer dazu. Kosmetika sind keine Lebensmittel. “Deutsche Firma” sagt nichts über die Herkunft des Wachses und da halten sich die Anpreisungen auch sehr bedeckt. “Deutsche “Firma” heißt nur, das die Firma, die dir das Endprodukt verkauft ihren Firmensitz in Deutschland hat. Das Wachs kann von überall kommen und überall verarbeitet werden. Viel von dem Wachs, das in Deutschland nachgefragt wird, kommt aus China. Das ist per se nichts Schlechtes, aber man sollte dabei bedenken, dass China nicht den Regeln der EU unterliegt, weder im Arbeitnehmerrecht, noch in der Bienen-Medikamentensicherheit, oder den Regularien zum Pestizideinsatz und erlaubten Mitteln.

Wo kriegt man also gutes Wachs her? Am besten natürlich vom Imker des Vertrauens:-) Man braucht ja nicht viel Wachs für den Eigenbedarf. Aber man kann auch Mittelwände im Imkereifachhandel kaufen. Aber nur die Ökoqualtität mit Rückstandsanalyse dabei :-). Leider kann man hier oft nur ab 1 bis 2 Kilo Mindestabnahmemenge kaufen.

Und jetzt endlich zum Praktischen:

Ich habe jedenfalls einen schönen Batzen Demeter-Wachs geschenkt bekommen, mit dem ich nun meine Wachstücher selbst machen kann. Das Wachs muss mit Pflanzenöl gemischt werden, damit es dünner wird und flexibler für das ständige Gefalte. Hier wurde Sonnenblumenöl benutzt, es eignet sich aber auch Kokosöl wunderbar. Sonnenblumenöl ist aber schön geruchsneutral und macht dem Wachsduft keine Konkurrenz.

Ich habe einige Varianten ausprobiert, diese hier funktioniert am Besten: Das Wachs in einer ausrangierten Kastenbackform schmelzen. Ich habe hier bereits die fest gewordene Mischung aus Wachs und Öl. Wenn man diese erst noch selbst herstellen muss: Auf 2 EL Wachs kommt 1 TL Öl.

Das Einbügeln mit dem Bügeleisen, was hier und da vorgestellt wird funktioniert nicht gut. Abgesehen davon braucht man dafür auch ein gesondertes Bügeleisen, denn die Wachsreste kriegt man nie mehr richtig ab. Man kann es danach nicht mehr für seine Wäsche benutzen.

Das (vorgewaschene& getrocknete) Tuch wird so gefaltet, dass es gena auf dem Boden der Backform passt. So kann es das flüssige Wachs aufsaugen. Dann, so lange das Wachs noch flüssig ist, wenden, damit alles gleichermaßen mit Wachs getränkt wird. Wenn man merkt, dass die Menge nicht reicht kann man leicht ein paar Bröckchen Wachs dazu geben und noch mal im Ofen zerlaufen lassen. Das Wachs sollte aber nicht zu heiß werden, denn sonst verdampft es und das macht blaue Luft
Das Tuch zieht danach um, auf ein Blech mit Backpapier. Wer sein Blech danach noch in der Küche benutzen will muss hier schön aufpassen, das alles auf dem Backpapier bleibt. Wenn das Wachs flüssig ist, walze ich das Tuch, damit sich das Wachs gleichmäßig verteilt. Es ist besser mit dem Wachs dünner zu arbeiten als zu dick, auch wenn das zunächst mehr Arbeit macht.
Kleinere Tücher klappe ich dann auf und lasse sie noch mal ganz flach heiß werden, damit ich prüfen kann, dass das Wachs sich gleichmäßig verteilt. Bei Tüchern, die größer als das Backpapier sind geht das nicht. Da muss man lange walzen und kontrollieren. Ich habe das mit einem Holzstäbchen gemacht. Man kann auch einen Backpinsel opfern, aber auch der ist dann für die Küchennutzung gestorben. Dann muss man das Tuch schnell aus dem Ofen ziehen und mit spitzen Fingern auffalten, während man es zum kalt werden vom Blech zieht.
Et voilá. Einmal durch die Luft geschwenkt, schon ist das Wachstuch trocken.
Hier kann man schön die Textur des fertigen Wachstuches sehen. Es fasst sich etwas rau und griffig an und duftet wunderbar.
Es folgt der letzte korrigierende Zuschnitt. Jetzt fransen die Ränder nicht mehr aus, weil sie durch das Wachs fixiert sind. Das ist der letzte Feinschliff. In der Demeter- Imkerei haben wir das mit einer Schlagschere gemacht. Die ist danach aber auch versaut. Die Ergebnisse sind aber sehr gut.

Das war mein erstes Wachsstuch im Einsatz. Es ist die kleinste Größe 15×15 cm. Es ist die perfekte Größe für Käse- oder Wurstücken, zum Abdecken von Kompottschüsseln oder meinem Mixbecher. Ich bin ganz angetan davon, wie schön es sich in Form falten lässt und dann bleibt es einfach so! Wunderbar. Ich habe damit erst mal ein bisschen Forschung betrieben. Die Ergebnisse bisher: Der Frischhalte-Effekt ist fantastisch. Aber besser als mit Folie und Co. weil das Wachstuch zu einem gewissen Maß noch atmungsaktiv ist.

Und das ist mein Lieblingsstück: Mein Wachstuch für mein Brot. Es hat ein Sondermaß: Es ist länger als breit, damit ich es schön um mein Brot gewickelt bekomme.

Ich bin hingerissen von seiner Wirkung und Handhabung: Das letzte Brot hatte ich 2 Wochen lang am Wickel, ohne Schimmel, zum Ende natürlich schon ein wenig fester geworden, aber immer noch sehr gut zu essen.

Beim Gebrauch habe ich festgestellt, dass die hellen Tücher sich optisch besser machen, weil man bei den Dunklen schnell die Knicke sieht. Das ist nur ein optischer Makel, kann aber durch einen Zwischenstop im Backofen wieder beseitigt werden.

Pflegehinweise für Wachstücher:

  • Wachstücher nur mit kaltem Wasser abspülen, nicht warm und ganz besonders nicht heiß!! (Schmilzt bei 60 Grad.)
  • Abtrocknen oder am besten lufttrocknen lassen
  • Wachstücher vor Hitze, Sonne und heißem Essen schützen
  • Ungenutzte Tücher in einer Kiste oder sonstigen Verpackung aufbewahren, damit sich kein Staub oder Küchendünste darauf ablagern
  • Wachstücher sind nicht für rohes Fleisch oder rohen Fisch geeignet
  • Wenn das Wachstuch sehr lädiert aussieht, kann es im Backofen wieder repariert werden: Das Tuch aufs Back-Papier legen und bei 80-100 Grad anschmelzen und wieder abkühlen lassen